Wer
will schon einen alten Hund?
Alte Hunde sind stur wie Esel, blind, taub und
pissen in die Bude!
Wer von uns hat nicht schon mal eine derart blöde Aussage von
irgendeinem Schwachsinnigen gehört.
In unserer heutigen Wegwerf-Gesellschaft leider kein großes
Problem mehr. In die Jahre gekommene, alte Tiere gibt man im nächsten
Tierheim ab. Bindet sie irgendwo an einen Laternenmast oder läßt
sie kurz entschlossen einschläfern. Wobei letzteres an der
Gewissensfrage scheitert. Man zieht die ungewisse Zukunft seines
einst so geliebten Tieres dann doch vor. Keinen großen Häckmäck
veranstalten, latscht in die nächste Tierhandlung oder stolpert
über eine Zeitungsannonce. Holt sich halt was Neues. Jung und
süß muß er sein - damit jeder aus der Nachbarschaft
vor Neid platzt.
Allein schon in der Werbung gibt es immer nur glückliche junge
Hunde in Begleitung zufriedener Menschen. Welch ein Friede, welch
eine Eintracht. Wer will schon den von Arthrose und HD gezeichneten
Graubart sehen?
Die Gründe, sich einen Hund ins Haus zu holen sind so vielfältig
wie unterschiedlich. Unbewußt setzt man in den Hund die Erwartung,
er möge die Partnerschaft stabilisieren, die Familie zusammen
halten, Probleme vermeiden oder gar lösen. Auch die Oma bekommt
ein Hündchen geschenkt. Am besten zum 80 Geburtstag, einen
süßen kleinen Welpen. Zwar kommt sie kaum noch alleine
klar, aber so ist sie wenigstens nicht mehr alleine. Und man braucht
sie auch nicht mehr so oft zu besuchen. Und dann?
Zwölf Jahre dauert ein Hundeleben im Durchschnitt, bei dem
ein oder anderen auch etwas länger. Vor allem im Alter werden
Hunde oft sehr sensibel und verkraften Psychostreß nur schwer.
Aber sollte man nicht gerade dann vorausschauend planen, um einschneidende
Veränderungen zu vermeiden? Alte Bäume verpflanzt man
nicht, diesen Spruch hatte mir meine Oma schon eingetrichtert. Wobei
für mich sowieso immer klar war, wenn ich mir ein Tier anschaffe,
dann mit aller Konsequenz!
Partnerschaften können schief gehen, man zieht um....aber bitte
mit Hund!
Ja gut, Ausnahmen bestätigen die Regel.
Es kann immer etwas Unvorhergesehenes geschehen, weshalb man sich
doch in letzter Instanz von seinem Haustier trennen muß. Aber
im Normalfall?
Unser erstes, altes Mitbringsel aus dem Tierheim war Krümel.
Ein ca. 15 jähriger Yorki-Rüde. Aus dem Maul stinkend
und schwer herzkrank. Wobei ich bis dato nicht wußte, das
Zähne grün sein können....
Im Tierheim hatte man ihm noch eine Lebenserwartung von ca. 14 Tagen
eingeräumt. Dieser Zwerg hatte sich seinem Schicksal gefügt.
Hatte wohl aufgegeben. Man hatte ihn so alt und krank einfach über
den Tierheimzaun geworfen. Wie Müll halt, moderne Abfallentsorgung!
Mein Gott, er hatte doch 15 Jahre irgendwo gelebt! Mußte er
nicht auch von jemanden liebgehabt worden sein?
Es hat auch nach Jahren keinen Sinn, diese Handlung zu bewerten.
Geändert hat sich dadurch auch nichts.
Krümel kam mit uns. Wir riskierten eine Zahnsanierung. Und
siehe da! Das Kerlchen war noch nicht fertig mit dieser Welt. Anfangs
machten wir uns natürlich große Sorgen. War das richtig?
Wenn er bei uns nicht klar kommt? Bla Bla Bla. Fragen über
Fragen! Wenn keiner diesen ersten Schritt gewagt hätte, würden
wir dann nicht alle noch mit Keulen umher laufen?
Was galt es denn zu verlieren? Er hatte doch nur zu gewinnen. Nämlich
uns, seine neue Familie mit allem was da kreuschte und fleuschte.
Krümel lebte sich sehr schnell ein. Er entwickelte sich zur
kleinen Mistkröte, die bei jedem Besuch den wir bekamen, vor
unseren Fernseher pinkelte. Oh ja, er genoß es im Mittelpunkt
zu stehen. War keiner da, verschaffte er sich halt einen! Verhätschelt
und Vertätschelt, hatten wir uns einen kleinen Macho herangezogen.
Ausnahmslos alle haben ihn geliebt. Er war toll, halt ein kleiner
Zwerg mit Charakter. Fast 2 Jahre bereicherte er unser Leben, bis
er irgendwann früh morgens in meinen Armen starb. Ich könnte
heute noch heulen. Dieses Gefühl, als würde mir jemand
mein Herz herausreißen......
Aber mal so unter uns, haben nicht auch die Hartgesottenen unter
uns schon tagelang um so eine alte Töhle getrauert?
Hat man nicht seinen Kumpel, Freund, Kind oder wofür auch immer
sein treuer Begleiter gestanden hat, schmerzlich vermißt???
Waren da nicht augenblicklich die Zeiten verschwunden, wo man durch
Pipi gelatscht ist.......
Gehört das Altern, das Kranksein denn nicht mehr zu unserem
Leben dazu? Gehe ich nicht eine Vepflichtung ein, wenn ich mir ein
Lebewesen ins Haus hole? - In guten, wie in schlechten Zeiten -
Haben wir nicht alle diese Ur-Angst irgendwann mal abgeschoben zu
werden? Allein, irgendwo in einem kleinen Kämmerlein dahin
zu vegetieren, um dann einsam zu sterben?
Aber warum werden denn immer wieder die Alten und Kranken abgeschoben?
Krümel hat uns gezeigt, auch alte Bäume kann man verpflanzen!
Man muß nur etwas vorsichtiger mit ihnen umgehen.. Und niemand
sollte Angst davor haben, auch einem alten Hund noch eine faire
Vermittlungschance zu geben. Selbst, wenn es nur für 14 Tage
ist, so sind sie doch ein kleines bißchen mehr Lebensqualität
für dieses Tier. Ist es denn nicht angenehmer bei liebenden
Menschen zu sterben, als hinter Gitter, einsam und allein.....
Ich weiß, für die Menschen, die so denken und fühlen
wie ich, ist es nicht einfach. Man muß dafür schon mit
sich und seiner Umwelt im Reinen sein. Und manchmal tut es sogar
höllisch weh.....
Doch das "hier" und "jetzt " ist wichtig. Denn
nach Krümel kamen noch einige dieser Kandidaten aus dem Tierheim.
Und auf keines dieser Tiere hätte ich verzichten wollen.
Vor 2 Monaten ist Rex bei uns eingezogen. Ein 17 jähriger Eurasier-Mix.
Ich weiß nicht, wie lange dieser lustige Kerl bei uns bleibt.
Doch trotz seiner Herzprobleme genießt er jeden Tag aufs neue.
Er saugt neue Eindrücke regelrecht in sich auf. Der Verlust
seines Sehvermögens und seiner Hörkraft stört ihn
nicht sonderlich. Ich stehe nur manchmal wie ein Hampelmann im Garten,
um ihm zu erklären, was ich von ihm will.
Ja, auch dieser alte Kerl hat irgendwann einen würdigen Abgang
verdient. Und den bekommt er von uns, als wäre er immer schon
ein Teil unserer Familie gewesen!
Ich möchte auf diesem Weg sagen. bei Ihrem nächsten Tierheimbesuch,
denken Sie doch bitte darüber nach, auch einer gestandenen
Persönlichkeit ein neues Zuhause zu geben. So viel Güte
und Dankbarkeit wie in den Augen dieser Tiere zu lesen ist, werden
Sie nicht in Worte fassen können.
Und anstatt darüber zu lamentieren, daß die Vermittlungschancen
dieses alten Herrns oder der Hündin gleich null sind, nehmen
Sie es sich zu Herzen und verbessern ein kleines bißchen unsere
Welt, indem Sie gerade diesem Tier ein neues Heim geben.
Denn auch ich sage klar und deutlich "Ja" zum alten Hund.
Tun Sie es doch auch!
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