KREFELD
AKTUELL
Blindenhund-Fall zieht Kreise bis Bayern
Die AOK will nicht, dass der Labrador in die Wohnung eines wegen
Tierquälerei Beschuldigten zurückkehrt. Es gibt Kontakt
zu einem Gutachter in Süddeutschland.
Hunde wie dieser sollen Blinde in ihrem alltäglichen Leben
unterstützen. (Foto: dpa)
Krefeld.
In den Fall um den misshandelten Blindenhund, über den die
WZ am 4. Januar berichtete, kommt Bewegung. Die örtliche AOK,
der der elfjährige Labrador gehört, streicht der Halterin
das Futtergeld. Außerdem soll das Tier nicht wieder in die
Wohnung der blinden Krefelderin und ihres ebenfalls blinden Lebenspartners
zurückkehren müssen. „Dagegen hat die Halterin allerdings
ein Widerspruchsrecht“, sagte der zuständige Mitarbeiter
der Krankenkasse, Andreas Könner, unserer Zeitung. Aber: Ein
möglicher Prozess könne sich über Jahre hinziehen.
Und es sei wohl unwahrscheinlich, dass der betagte Hund, bis auf
weiteres in der Obhut von Tierschützern, das Prozessende noch
erleben würde.
Der 38-Jährige, gegen den die Staatsanwaltschaft
Krefeld wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz ermittelt,
war unter anderem dabei gefilmt worden, wie er dem Labrador die
Ohren verdreht. Der Verein „Charity für Tiere“
hatte nach Sichten des Videos Anzeige bei der Polizei erstattet.
Auf dem Straelener Tierhof der Vereinsvorsitzenden Martina Retthofer
ist der Labrador seit kurzem untergebracht.
„Wir sehen täglich, wie mehr Leben in
den Hund kommt“, erzählt die Tierschützerin. Eine
amtstierärztliche Untersuchung vor Ort habe ergeben, dass der
ausgebildete Blindenführhund an einer Ohrenentzündung
leide sowie an einer beidseitige Linsentrübung – also
selbst kaum noch sehen könne. Das blinde Paar hatte den Hund
zwar freiwillig herausgegeben, doch jetzt, so Martina Retthofer,
„ist bei beiden der Wille vorhanden, ihn wieder zurück
zu holen“. Außerdem stehe der Beschuldigte mit Blindenhund-Schulen
in ganz Deutschland in Verbindung.
Auf die Frage, ob sich der Beschuldigte oder seine
Partnerin wieder einen neuen Blindenhund besorgen kann, gibt Andreas
Könner die Antwort: „Falls ein Hund nicht artgerecht
gehalten wird, wäre das für uns ein – wenn auch
anfechtbarer – Ablehnungsgrund.“ Mehr Klarheit könnte
ein Gutachter für Blindenhunde schaffen. Der Tierschutzverein
hat nach eigenen Angaben bereits Kontakt zu so einem gerichtlich
zugelassenen Spezialisten in Oberbayern aufgenommen. Dieser könnte
im Auftrag der AOK nach Krefeld kommen, um die Gegebenheiten für
einen beantragten Hund zu überprüfen. Könner: „Wir
ziehen diese Möglichkeit in Betracht. Momentan liegt uns aber
kein entsprechender Antrag vor.“
Das alles täte ihm leid, sagte der Beschuldigte
der WZ.
12.01.2007
Von Daniel Boss
Webdesign und Hosting
Gisela Steegmann
g.steegmann@t-online.de
|
|
---Kommentar---
Missbrauch der Macht
Von Daniel Boss
Es bedarf keiner Bibeltreue um festzustellen, im
Normalfall hat der Mensch die Macht über das Tier. Seine Intelligenz
versetzt den Homo sapiens in die Lage, Tiere für sich arbeiten
zu lassen und sie als Lieferant für Wolle, Leder oder Fleisch
zu halten. Zigtausende sehen im Haustier aber auch einen Partner,
der sie viele Jahre des Lebens treu begleitet. Doch auch Hunden
und Katzen zeigen wir Menschen meistens - mit Leine, Worten,
Futter -, wo es lang geht.
Auch Blinde haben eine gewisse Macht über
ihrer Tiere und brauchen diese. Die Führhunde müssen dem
Geführten, gerade weil er abhängig ist, gehorchen. Der
Krefelder Fall hat erkennen lassen, dass auch diese Macht missbraucht
werden kann. Aber er ist alles andere, nur nicht die Regel. Wer
Blinde mit ihren Hunden beobachtet, merkt für gewöhnlich,
wie eng und vertraut das Verhältnis zwischen ihnen und ihren
vierbeinigen "Freunden" ist.
Die Krankenkasse hat es jetzt aber nun mal mit
der Ausnahme, dem Machtmissbrauch, zu tun - und handelt entsprechend.
|